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Studie bestätigt: Ersatzweichmacher sind sicher

Vor ein paar Tagen berichteten verschiedene Medien über eine Kleine Anfrage (Drucksache 19/12574) der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Deutschen Bundestag zum Thema „Menschliche Schadstoffbelastung“, bezugnehmend auf eine aktuelle, aber noch nicht veröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes (UBA) und des Robert-Koch-Instituts. Hierfür wurden im Zeitraum 2014 bis 2017 2.500 Blut- und Urinproben von Kindern und Jugendlichen sowie ihre Lebensumstände umfangreich untersucht.

In einem ausführlichen Antwortschreiben des Bundesumweltministeriums vom 05. September 2019 nimmt die Bundesregierung nun dazu Stellung: Demnach wurde unter anderem der Morgenurin auf Gehalte von Plastikinhaltsstoffen hin untersucht. Zur Beurteilung der gesundheitlichen Relevanz der gefunden Belastungen zieht das Umweltbundesamt so genannte gesundheitsbezogene Beurteilungswerte in Form der HBM-I und HBM-II Werte der Human-Biomonitoring-Kommission heran, die laut dem Papier allerdings keine rechtsverbindlichen Maßstäbe setzen. Der HBM-I Wert beschreibt die Konzentration oberhalb derer gesundheitliche Wirkungen nach heutigem Wissensstand nicht mehr mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können. Bei einer Überschreitung des HBM-II Wertes ist das Auftreten gesundheitlich bedenklicher Wirkungen zu befürchten.

Der Studie zufolge wurden die Beurteilungswerte bei keinem der 3- bis 17-Jährigen für die (low molecular weight) Weichmacher wie DEHP überschritten, deren Verwendung heute nur noch für bestimmte Erzeugnisse nicht verboten ist. Im Vergleich zur Studie von 2003 bis 2006 ist die Belastung durch diese Stoffe in der aktuellen Studie sehr deutlich zurückgegangen.
Bei so genannten Ersatzweichmachern und weiteren nicht klassifizierten Phthalat-Weichmachern konnten die Forscher zwar eine Erhöhung der Werte feststellen, allerdings befinden sich diese auf einem wesentlich geringeren und unkritischen Niveau. So lagen beispielsweise die Werte des Ersatzweichmachers DINCH bei 99,96 Prozent aller gemessenen Konzentrationen unter dem HBM-I Wert von 3 mg/l Urin.

Nach Einschätzung der an der Studie beteiligten Wissenschaftler ist die Belastung in Deutschland bei Weichmachern im Urin auf einem vergleichbaren Niveau mit anderen EU-Ländern. Die Konzentrationen von einigen klassifizierten Weichmachern wie DEHP liegen sogar im unteren Bereich der europäischen Vergleichswerte.

Anhand der aktuell vorliegenden Studienergebnisse lässt sich belegen, dass von heute eingesetzten, nicht klassifizierten Weichmachern kein Risiko für die menschliche Gesundheit ausgeht.

EU-Kommission veröffentlicht Stellungnahme zur Sicherheit von Medizinprodukten

Anfang Juli hat der Wissenschaftliche Ausschuss für neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken (SCENIHR) der EU-Kommission in Brüssel eine finale Stellungnahme zur Sicherheit von Medizinprodukten veröffentlicht, die den Weichmacher DEHP enthalten. Eine erste Stellungnahme des Ausschusses wurde bereits im Oktober 2014 herausgegeben. Beide Papiere unterscheiden sich inhaltlich nicht voneinander.

Demnach bestehe für Neugeborene, Kinder und Schwangere ein hohes Expositionsrisiko gegenüber DEHP. Verglichen zu alternativen Weichmachern wie DINP oder DINCH sei DEHP der stärkste reproduktionstoxischste Weichmacher. Eine endgültige toxikologische Bewertung alternativer Weichmacher zu DEHP sei aufgrund mangelnder Studien derzeit aber nicht möglich.

Das aktuelle Statement basiert auf einer Stellungnahme des Ausschusses von 2008, in der bereits der sichere Einsatz von DEHP in Medizinprodukten bewertet wurde.

ec.europa.eu/dgs/health_food-safety/dyna/enews/enews.cfm

ECPI: Die hochmolekularen Phthalate DINP und DIDP sind sicher in allen gegenwärtig erlaubten Verbaucheranwendungen

Europäische Kommission identifiziert „keine weiteren Risiken“.

Am 31. Januar 2014 hat die Europäische Kommission ihre Ergebnisse zur
Neubewerung der Beschränkung von DINP und DIDP in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund genommen werden können, veröffentlicht. Die Europäische Kommission stimmt mit den im August letzten Jahres vorgestellten Ergebnissen der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) überein, die im September 2009 beauftragt wurde, neusten wissenschaftlichen Erkenntnisse zu diesen beiden hochmolekularen Phthalaten zu bewerten.

Basierend auf der Bewertung durch ECHA, ist die Europäische Kommission zu dem Schluss gekommen, dass „keine unvertretbaren Risiken für die Verwendung von DINP und DIDP in Produkten bestehen, die kein Spielzeug oder Babyartikel sind, und, die in den Mund gesteckt werden können” Die Europäische Kommission hat aus diesem Grund beschlossen, dass das derzeitige Verbot von DINP und DIDP in Spielzeug und Babyartikeln, die in den Mund gesteckt werden können (eine vorbeugende Beschränkung war seit 2005 in Kraft) aufrecht erhalten wird. Weiterhin hat die Europäische Kommission geschlussfolgert, dass „angesichts des Mangels an weiteren Risiken durch die Nutzung von DINP und DIDP, die Bewertung von Alternativstoffen weniger drängend sei.“ DINP und DIDP sind daher sicher für die Nutzung in allen derzeitigen Verbraucheranwendungen.

„Die Sicherheit und optimale Leistungsfähigkeit von Weichmachern ist wesentlich für die zahlreichen, langlebigen, flexiblen PVC Artikel, die täglich von Millionen von Europäern benutzt werden. Der European Council for Plasticisers and Intermediates (ECPI) ist sicher, dass die Veröffentlichung der Europäischen
Kommission den Verbrauchern das nötige Vertrauen zurückgeben, und Unternehmen eine klare Rechtslage schaffen wird, um die auf diesen beiden Weichmachern basierende Produkte weiter zu nutzen“, so ECPI’s Manager, Dr. Stéphane Content. DINP und DIDP haben sich als zuverlässige Alternativen zu den gekennzeichneten niedrigmolekularen Phthalaten bewährt, welche derzeit den REACH Zulassungsprozess durchlaufen.

Hinsichtlich der Verwendung in Spielzeug und Artikeln für Kinder hat ECHA beschlossen, dass „keine weitergehenden Risiko-Management Maßnahmen nötig sind, um die Risiken durch den Kontakt von Kindern mit DINP und DIDP zu minimieren”. Für Erwachsene wurden durch die Humanbiomonitoringdaten, die von ECHA bewertet wurden, festgestellt, dass „der Kontakt durch die Aufnahme von Lebensmitteln und im Innenraum gering ist“, und, im Falle von Hautkontakt mit DINP und DIDP, „erwartungemäß nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich hierdurch Risiken für Erwachsene oder in der Entwicklung befindlichen
Föten in schwangeren Frauen ergeben“. Zusammenfassend hat ECHA beschlossen, dass „keine über die bestehenden Restriktionen hinausgehenden weiteren Risikomanagement-Maßnahmen nötig sind, um die Risiken durch den Kontakt mit DINP und DIDP zu mimimieren“.

Die Überprüfung der Beschränkungen von nicht klassifizierten hochmolekularen Phthalaten ergab sich aus der entsprechenden Verpflichung im Eintrag 52 in Anhang XVII von REACH, in welchen die ursprüngliche Beschränkung der Richtlinie 2005/84/EC aufgenommen wurde.

Diese vier Jahre andauernde wissenschaftliche Bewertung umfasste eine öffentliche Anhörung sowie eine unabhängige Bewertung durch den Aussschuss für Risikobeurteilung (RAC) der ECHA,welcher sich aus Experten
aller 28 Mitgliedsstaaten zusammensetzt. Der ECHA Report beinhaltete eine Analyse der möglichen Exposition von DINP und DIDP aus allen Quellen, einschließlich Innenraumluft und Staub, Kleidung, Lebensmittel, Vinylböden und Fahrzeuginnenräumen.

Pharmazeutische Zeitung: „Phthalate“ erhöhen Risiko für Frühgeburten, Ursache unbekannt

„Phthalate, die vielen Kunststoffen als Weichmacher zugesetzt werden, könnten das Risiko für Frühgeburten erhöhen“, heißt es wieder einmal verallgemeinernd in einer Presse-Meldung, obwohl nur einzelne Weichmacher gemeint sind . Hintergrund der Meldung ist eine aktuelle Studie aus den USA. Demnach hatten Schwangere mit der höchsten Konzentration ganz bestimmter (!!) Phthalate im Urin ein drei- bis fünffach erhöhtes Risiko für eine Frühgeburt im Vergleich zu Frauen mit normaler Gestationsdauer. Das Forscherteam um Kelly Ferguson von der University of Michigan School of Public Health verglich die Urin-konzentrationen einzelner Phthalate und deren Metabolite von 130 Schwangeren mit Frühgeburt mit denen von Schwangeren mit normalem Geburtstermin. Demnach waren im Urin der Schwangeren mit Frühgeburt erhöhte Werte von MEHP, MECPP, DEHP und MBP zu finden.

Die genaue Ursache hierfür sei noch unbekannt, heißt es in dem Artikel der Pharmazeutischen Zeitung vom 28. November 2013. So sei bislang der genaue Mechanismus, wie die Weichmacher eine Frühgeburt auslösen könnten, unbekannt. Die Forscher vermuten, dass die Substanzen bei der Mutter oxidativen Stress oder entzündliche Prozesse auslösen. Völlig unklar sei auch, ob Schwangere durch Verzicht auf Parfüm oder Deo sowie das Meiden von abgepackten Nahrungsmitteln das Frühgeburtsrisiko reduzieren könnten.

Fragen und Antworten zu den Themen Phthalate und Weich-PVC (PDF)

Von Wasserrohren zu High-Tech-Membranen

Der Kunststoff PVC geht seit 100 Jahren mit der Zeit

Im Jahr 1913 erhielt der deutsche Chemiker Fritz Klatte das Patent für den industriellen Herstellungsprozess von PVC. Er arbeitete bei der Chemischen Fabrik Griesheim-Elektron im heutigen Frankfurter Stadtteil Griesheim. Die „Polymerisation von Vinylchlorid“ sollte laut Patent der Herstellung einer als „Hornersatz, Filme, Kunstfäden, Lacke und dergleichen verarbeitbaren plastischen Masse“ dienen. Der Tüftler Fritz Klatte war ein Visionär: Er erhoffte sich von künftigen PVC-Produkten einen Durchbruch im großen Stil auf internationaler Ebene. Sie zeichnen sich nach seinen Worten „durch Lichtechtheit, Filmbildevermögen und hervorragende Haftfestigkeit auf unterschiedlichen Oberflächen“ aus. Klatte behielt Recht: Die Polymerisation von Vinylchlorid spornte im 20. Jahrhundert viele weitere Chemiker an. Es wurden zahlreiche technische Varianten erfunden und mit ihnen entstanden ungeahnte Anwendungsmöglichkeiten. Aus dem robusten Material für Wasserrohre wurde ein multifunktionales High-Tech-Produkt, das aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken ist.

Die „großen Drei“: Fenster, Rohre, Folien

Das Brot-und Buttergeschäft wird in der PVC-Industrie seit vielen Jahren mit drei Produkten gemacht: Energiesparfenster, die man nicht streichen muss, Wasserrohre, die starken Belastungen standhalten und sich wegen ihrer glatten Oberfläche nicht zusetzen sowie hygienische und obendrein optisch attraktive Folien, die für die Gestaltung von Oberflächen von Möbeln, Fahrzeugen, als Kunstleder oder Pharmaverpackungen verwendet werden. Weitere wichtige Produkte sind Kabelisolierungen und Bodenbeläge. Hier kommen die Vorteile des PVCs voll zum Tragen: Der Kunststoff ist extrem belastbar, korrosionssicher und er verrottet nicht. Gerade bei den Bodenbelägen erlebt das PVC in den letzten Jahren eine Renaissance. Durch ansprechende Designs, eine hohe Belastbarkeit (besonders wichtig für viel genutzte Räume wie Schulen, Büros oder Läden) sowie eine unkomplizierte Handhabung beim Verlegen.

Ein Kunststoff als Alltagsbegleiter

Neben dem Hart-PVC gibt es auch Weich-PVC. Es kommt beispielsweise in Krankenhäusern zum Einsatz: in Blutbeuteln, Wundauflagen, Verbänden und Einmal-Handschuhen, bei leicht zu reinigenden Böden oder biegsamen Kabeln. Der Kunststoff begleitet uns überall in unserem Alltag. Kabel aus Weich-PVC findet man an Tankstellen, weil sie nicht von Öl und Benzin zersetzt werden. Die Böden moderner Handball- oder Volleyballfelder bestehen aus PVC, auf dem die Sprunggelenke der Sportler nicht so stark belastet werden wie auf anderen Böden. Selbstklebefolien aus PVC werden zur Fluchtwegmarkierung genutzt, aber auch für auffallende Werbung: So bestehen die Mega-Poster in unseren Großstädten aus Geweben mit PVC-Beschichtung – regelrechten High-Tech-Membranen. Und hauchdünne PVC-Folien mit Sauerstoffbarriere sorgen dafür, dass abgepacktes Fleisch, Obst oder Gemüse länger frisch bleibt. Diese Vielfalt gibt es nur, weil die Entwicklung des PVC nicht bei den Erkenntnissen von Fritz Klatte stehen geblieben ist, sondern weil sich dieser Kunststoff stets den Erfordernissen der Menschen angepasst hat.

Ein Zeitalter der Entdeckungen

Das PVC ist ein Kind seiner Zeit. Dafür lohnt ein Blick zurück in die Kultur- und Industriegeschichte: In den Jahren Anfang des 20. Jahrhunderts ist die Innovationsdichte besonders groß, nicht nur auf technischem Gebiet. Die Architektur sucht in der „Bauhaus“-Bewegung nach neuen, modernen Ausdrucksformen. Avantgarde-Maler wie Macke, Kirchner oder Klee prägen in Deutschland den Expressionismus. 1908 rollt mit der „Tin Lizzy“, dem legendären „T-Ford“, das erste Auto vom Fließband, das sich viele Menschen leisten können. 1913 wird das erste unterirdische Telefonkabel in Deutschland verlegt, damit man störungsfreier telefonieren kann als bei wetteranfälligen oberirdischen Telefonmasten. Im selben Jahr stellt auch der Physiker Niels Bohr sein Atommodell vor.

In diesem Umfeld erhält Fritz Klatte sein Patent. Im Ersten Weltkrieg kommt PVC bereits als Flugzeuglack zum Einsatz. Doch Fritz Klattes Wunsch nach einem großen Durchbruch erfüllt sich erst, als in den USA und in Deutschland die industrielle Produktion von Kabeln und Rohren aus PVC aufgenommen wird. Das Jahr 1928, in dem die großtechnische PVC-Produktion beginnt, ist ein Jahr der Erfindungen: Von der Reichspost wird bei Berlin der erste erfolgreiche Versuch einer Bildfunkübertragung gemacht. Es ist die Geburtsstunde des Fernsehens. Auch das Antibiotikum Penicillin wird in diesem Jahr erfunden. Um 1930 gelingt dann die thermoplastische Verarbeitung von PVC mithilfe von Stabilisatoren. Die Eigenschaften der aus PVC erzeugten Produkte lassen sich bald wie bei kaum einem anderen Kunststoff durch Weichmacher und andere Zusatzstoffe individuell bestimmen. Immer neue Varianten dieses vielseitigen Kunststoffs werden entdeckt und nutzbar gemacht. Sie kommen unter Namen wie „Igelit“ oder „Troluloid“ oder als „PeCe-Faser“ auf den Markt. PVC wird ein Renner: Ab 1935 werden in Deutschland die ersten PVC-Rohre hergestellt, die bald in der Trinkwasserversorgung verwendet werden. Die Eingangshalle der Firma Henkel erhält 1937 einen „Mipolam“-Bodenbelag aus PVC. Sie ist bis heute erhalten. Und 1941 werden die Sitze der Londoner Stadtbusse mit Kunstleder aus PVC ausgestattet. Schließlich werden in den Jahren 1943 bis1948 Schallplatten aus PVC entwickelt und zur Marktreife gebracht: Die neue Vinylplatte löst damals die alte Schellackplatte ab. Vinylplatten haben heute wegen ihres besonderen Klangs wieder eine steigende Zahl von Fans unter den Musikliebhabern.

Der „König der Kunststoffe“

Das Weichmachen von PVC mit Phthalaten und Phosphaten wird Anfang der 1930er Jahre entdeckt und vor allem die Arbeiten von Waldo Semon bei der amerikanischen Reifenfirma Goodrich führen dazu, dass der Anteil an Weich-PVC rasch steigt. Doch der eigentliche Siegeszug des PVC beginnt erst nach dem zweiten Weltkrieg: PVC ist damals der meist produzierte Kunststoff der Welt. Es gilt als „König der Kunststoffe“ (Josef Hausen: Wir bauen eine neue Welt. Das Buch der Kunststoffe und Chemiefasern. Berlin: Safari-Verlag 1957). Um die Entsorgung des Kunststoffs macht man sich in diesen Jahren nur wenig Gedanken. Und auch gesundheitliche Gefahren, die von der Herstellung von PVC ausgehen könnten, sind lange kein Thema. PVC ist als preiswerter Kunststoff mit seinen vielen Anwendungsmöglichkeiten äußerst beliebt.

Gesundheitsschäden bei der Produktion: Die PVC-Hersteller reagieren

Doch 1973 werden erstmals bei Arbeitern in PVC-Betrieben Schädigungen der Leber und der Milz sowie der arteriellen Handdurchblutung und des Handskeletts festgestellt. Das ist ein Alarmzeichen. Die PVC-Hersteller reagieren. Ein veränderter Herstellungsprozess in geschlossenen Behältern führt dazu, dass diese Erkrankungen nicht weiter auftreten. Auch die Verbraucher schrecken auf – und dies durchaus zu Recht: Auf fehlende Recycling-Angebote, mögliche Gesundheitsgefahren durch Stabilisatoren und Weichmacher wird schon in den 1980er Jahren hingewiesen. Plötzlich gilt PVC als giftig, überflüssig und ersetzbar. Das Image des Kunststoffs ist stark beschädigt. Die Industrie macht ihre Hausaufgaben: Die Arbeitsgemeinschaft PVC und Umwelt (AGPU) engagiert sich seit 1988 dafür, negative Umwelteinflüsse bei der Herstellung, Verwendung und Entsorgung von PVC zu minimieren. Auf die Worte folgen auch Taten. Nach und nach werden Sammel- und Verwertungssysteme für gebrauchte Produkte wie Bodenbeläge, Fenster, Rohre, Folien, Dachbahnen sowie für Produktionsabfälle eingeführt. Stabilisatoren mit Cadmium und Blei und niedermolekulare Phthalate werden durch unbedenklichere Additive ersetzt. Die Fortschritte werden heute beispielsweise auch von der Europäischen Kommission oder dem deutschen Umweltbundesamt anerkannt.

Aufschwung dank Innovationen

Für das Telefonieren drehen wir heute nicht mehr an der Kurbel des Apparats, um das „Fräulein vom Amt“ um eine Verbindung zu bitten. Und auch die Autos haben seit Henry Fords „Tin Lizzy“ eine enorme Entwicklung bis hin zu modernen Hybrid- und Elektro-Fahrzeugen durchgemacht. So ist es auch beim PVC: Die Industrie hat in den vergangenen Jahren viel dafür getan, um PVC noch besser, sicherer und nachhaltiger zu machen. Das ist gut für Mensch und Umwelt und es stärkt das Image dieses leistungsstarken Kunststoffs. Die Nachhaltigkeitsinitiative „VinylPlus“ – eine Selbstverpflichtung der europäischen PVC-Branche – will noch größere Mengen PVC als bislang recyceln und dafür innovative Technologien entwickeln. Die Verwendung erneuerbarer Energien bei der PVC-Produktion wird ebenso angestrebt wie die Verwendung von gesundheitlich unbedenklichen Zusatzstoffen.

Nachhaltigkeitsbeiträge durch Recycling

In Deutschland wurde das Problem des Recyclings von gebrauchtem PVC durch eine Gemeinschaftsaktion der Branche beispielhaft gelöst. Werden die alten Rohre, Fensterrahmen oder Bodenbeläge einmal nicht mehr benötigt, greift ein ausdifferenziertes Recyclingsystem: Seit mehr als 30 Jahren werden alte PVC-Produkte geschreddert und zu neuen PVC-Produkten weiterverarbeitet. Bei sortenreinen Abfällen ist dies kein Problem – die Branche kümmert sich aber auch gemeinsam darum, etwa PVC aus der Verbindung mit Kupfer in Kabelresten oder in der Verbindung mit Polyester aus alten Planen wieder zu verwerten rückzugewinnen.

Steigende Akzeptanz

Meinungsumfragen unter Entscheidern zum Beispiel bei Bauunternehmen und Architekten zeigen: Waren es 1990 nur etwa 20 Prozent, die PVC als Werkstoff mit Zukunft sahen, waren 2012 bereits 52 Prozent dieser Meinung. Heute werden global rund 34 Mio. Tonnen PVC erzeugt, von denen etwa 6 Mio. Tonnen in Europa verarbeitet werden, etwa zwei Drittel zu langlebigen Bauprodukten. Der weltweit zunehmende Lebensstandard mit einem steigenden Pro-Kopf-Bedarf an Kunststoffen hat dazu beigetragen, dass der PVC-Verbrauch heute bei über 30 Mio. Tonnen im Jahr liegt und PVC als wiederverwertbarer, kostengünstiger Standardkunststoff weithin akzeptiert wird. Es ist diese zurückgewonnene Akzeptanz, die die Industrie dazu ermutigt hat, zukunftsweisende Produkte wie Passivhaus-Kunststofffenster oder Rotorblätter von Windkraftanlagen aus PVC zu entwickeln.

Behördliche Untersuchung: Keine Gesundheitsgefahren für Kinder durch Weichmacher in Kitas

Das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit und das Landeslabor Berlin-Brandenburg haben in einem gemeinsamen Länderuntersuchungsprogramm (LUPE 3) das Vorkommen von bestimmten Weichmachern, sogenannter Phthalate, in Kindertagesstätten untersucht.

Das Projekt ging auch der Frage nach, inwieweit Phthalate in den kindlichen Organismus gelangen können bzw. in welchen Konzentrationen sie im Urin der Kinder vorliegen. Untersucht wurden für diese Studie insgesamt 663 Jungen und Mädchen in 63 Kindertagesstätten der drei Bundesländer. Es wurden Phthalate in der Innenraumluft und im Hausstaub sowie im Urin der Kinder untersucht.

Der BUND hatte bereits 2011 Untersuchungen über den Gehalt der Phthalate im Hausstaub veranlasst. Die Untersuchungsergebnisse des jetzigen Länderuntersuchungsprogramms bewegen sich in einem ähnlichen Bereich wie die des BUND. Die Untersuchung der Urinproben ergaben jedoch keine Hinweise darauf, dass der Phthalatgehalt in den Kindertagesstätten eine erhebliche Zusatzbelastung für die Kinder darstellt. Im Vergleich zu Untersuchungen des Umweltbundesamtes der Jahre 2003 bis 2006 wurden in der Regel sogar deutlich niedrigere Gehalte der untersuchten Phthalatabbauprodukte in den Urinproben nachgewiesen.